03.11.2021, News

Unsere herbstliche Exkursion nach Carnuntum

Zum Auftakt der Herbstferien besuchte die Unterstufe der Schola Thomas Morus am 25. Oktober 2021 die Römerstadt Carnuntum, die Hauptstadt der Provinz Oberpannonien.

Nachdem wir im Juni 2021 die nachgebauten Häuser der Jungsteinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit im Mamuz-Museum in Aspern an der Thaya besucht hatten, stand nun die römische Antike am Programm. In Begleitung der Lehrkräfte Borioni, Duggan, Gilbert und Sax erreichten die Schülerinnen und Schüler nach einer geselligen Fahrt im gemieteten Bus das Ausgrabungsgelände, wo bereits eine Führerin für uns bereit stand.

Zunächst erklärte sie die Geschichte Carnuntums, die bis in die Zeit des Kaisers Augustus zurückreicht, als hier um 6 n. Chr. der spätere Kaiser Tiberius als Heerführer des Kaisers ein temporäres Militärlager errichtete. Anhand eines großen dreidimensionalen Modells im Maßstab 1:300 konnten die Dimensionen Carnuntums am Ende des 2. Jh. zur Zeit seiner größten Ausdehnung erahnt werden. Carnuntum gliederte sich in zwei Teile: 1.) die Zivilstadt Municipium Aelium Carnuntinum (heute im Gebiet von Petronell) und 2.) das Militärlager mit umgebender Lagerstadt für die Versorgung der Legionäre (heute im Gebiet von Bad Deutsch Altenburg) und dem angeschlossenen Auxiliar-Kastell (zwischen Petronell und Deutschaltenburg), wo die von nichtrömischen Hilfstruppen gestellte Reiterei untergebracht war. Im Osten wird das Areal durch den Pfaffenberg begrenzt, auf dessen Spitze in römischer Zeit heidnische Heiligtümer standen.
Das 124 n. Chr. unter Kaiser Hadrian zur Stadt erhobene Carnuntum hatte rund 50.000 Einwohner und nahm eine wichtige strategische Position ein; als Handelsknoten an Donau und Bernsteinstraße und als Verteidigungsposten gegen Germanien. Hier weilte 171-173 n. Chr. Kaiser Mark Aurel als er seine Kriegszüge gegen die Markomannen und Quaden führte. Später wurde Septimius Severus 193 n. Chr. hier zum Kaiser ausgerufen und verlieh darauf Carnuntum ein erweitertes Stadtrecht. 308 n. Chr. wurde in Carnuntum erneut Geschichte geschrieben als sich hier die vier römischen Tetrarchen-Kaiser trafen, darunter auch Konstantin, der fünf Jahre später die Verfolgung der Christen im Römischen Reich beendete und ihnen die Religionsfreiheit gewährte. Im fünften Jh. verfiel schließlich Carnuntum im Zuge des Einbruchs der Hunnen und der Germanen allmählich. – Dass von einer so großen und bedeutenden Stadt heute nur mehr die unterirdischen Grundmauern erhalten geblieben sind, gemahnt uns – wie ein Menetekel – an die Vergänglichkeit menschlicher Werke und macht uns die eigentliche Fragilität von Zivilisation bewusst sowie unsere Verantwortung für deren Erhalt.

Nach einer kurzen Frühstückspause ging es in das Freigelände, wo die zahlreichen rekonstruierten römischen Gebäude auf die Besucher warten.

Im Haus des Ölhändlers erfuhren die Kinder von der Bedeutung des Olivenöls für die römische Kultur. Über das Mittelmeer sowie auf den großen Flüssen wie die Donau gelangten die Amphoren mit dem kostbaren Inhalt – zu hunderten in Schiffen geladen – zu den großen Umschlagplätzen und wurden dann in geringerer Stückzahl über Land zu den spezialisierten Läden transportiert. Die spitz zulaufenden Amphoren wurden dabei in speziellen Holzformen fixiert. Das nachgestellte „Büro“ des Öl-Händlers vermittelte mit seinen Wachstafeln und Papyrusrollen den Alltag akribischer Buchhaltung damaliger Zeit.

Die Teilrekonstruktion einer Wand- und Bodenheizung eines benachbarten Hauses zeigte die technische Raffinesse mit der die Römer sich das Leben zu erleichtern wussten. Angesichts der kälteren Winter nördlich der Alpen bot der beheizte Raum Behaglichkeit und Wärme und ersparte dabei den Bewohnern die durch eine offene Feuerstelle erzeugten Rauch und Ruß. Fast zweitausend Jahre Später nützt auch die Schola Thomas Morus – in weiterentwickelter Form – dieselbe Technik.

Freistehende Keramiköfen veranschaulichten die komplexe Herstellung von Geschirr und anderer Keramik-Produkte in der Römerzeit. Die von den Experimental-Archäologen rekonstruierten Modelle waren für lediglich einen einzelnen Brand gefertigt und wurden nach erfolgtem Brennvorgang mit einer Hacke aufgebrochen um die fertige Keramik zu bergen; eine höchst aufwändige und wenig nachhaltige Methode.

In der prächtigen Villa Urbana, dem Stadt-Palais einer reichen Oberschicht-Familie, beeindruckte uns der nachgebaute prächtige Saal mit seiner großen steinernen Apsis und einer, getreu nach der Vorlage tausender hier gefundener Bruchstücke, neu rekonstruierten Wandbemalung. Der Raum mag vielleicht als großer Festsaal gedient haben und die Apsis könnte der Ehrenplatz der Hausherren gewesen sein. Mit ihrer hervorragenden Akustik diente die Halbkuppel der Apsis auch der Verstärkung der bei Festlichkeiten gespielten Musik. Die dunkle Küche der Villa, wo Haussklaven das Essen zubereiteten, ausgestattet mit Kochstellen, Pfannen, nachgestellten Essensvorräten, einem Mühlstein usw. vermittelt einen Eindruck damaligen Alltags. Die bei den Ausgrabungen im Lehmboden der Küche wiedergefundenen Reste herabgefallener Nahrungsmittel gaben den Archäologen Auskunft über die damals zur Verfügung stehenden Lebensmittel. Da der weiche Kalkstein der hier hergestellten und verwendeten Mühlsteine sich relativ leicht zerreibt, gelangte auch feiner Steinstaub in das Mehl und in Folge ins Brot, was auf lange Sicht fatale Folgen für die Zähne hatte.

Die ebenfalls rekonstruierte kleine Thermen-Anlage Carnuntums ist der wohl beeindruckendste Bau der Museumsanlage. Wie alle Nachbauten wurde sie über den antiken Fundamenten errichtet. Die Rekonstruktion der Fußbodenheizung (Hypokausten-Heizung) stellte für die Experimental-Archäologen eine große Herausforderung dar. Sie ist heute die einzige voll funktionsfähige, am Originalstandort befindliche und in antiker Technik errichtete römische Therme.
Im Eingangsbereich an einer der Hauptstraßen befanden sich, das war üblich in der römischen Welt, Läden, die von Pächtern betrieben wurden. Hier konnten Passanten und Gäste der Therme einen Imbiss an der Theke erstehen oder im Inneren ihre Hauptmahlzeit einnehmen. An den straßenseitigen Wänden wurden sogar Graffitis römischer Zeit nachgeahmt, wie man sie im Original in Pompeji wiedergefunden hat.
In der großen Halle der Therme durften ein Schüler und eine Schülerin in römische Kostüme schlüpfen, eine lange Tunika für die Dame und eine elegant drapierte Toga für den Herren. Die Führerin erklärte, dass es hier sehr laut zuging, nicht nur wegen des ausgelassenen Tratschs der Gäste, sondern auch wegen des lauten Halls der vielen Holzpantoffeln am Boden. Die hier in einem Obergeschoß untergebrachte kleine Bibliothek bot auch Gelegenheit zur geistigen Erquickung.
In einem Außen-Hof der Therme erprobten die Kinder anschließend ein römisches Spiel, bei dem von einigen Metern Distanz Steinchen in ein kleines Gefäß geworfen werden.
Richtig heiß wurde es dann im Caldarium der Therme wo sich das Warmwasserbecken befand. Hier entstand auch unser Gruppenfoto. Da sich die Römer vor dem Baden mit Öl einrieben, dieses mit Bronzespachteln abschabten sowie mit Sand ein Peeling zu machen pflegten, lag immer etwas Sand am Boden der Becken und bedeckte stets ein feiner Ölfilm das Wasser, was für uns heute nicht gerade einladend erscheint…

Am Ende der Besichtigung lud der große Spielplatz zum Toben ein. Im Museums-Shop konnte noch das eine oder andere Souvenir erworben und im Restaurant der Anlage, „Forum Culinarium“ genannt, ein Imbiss erstanden werden. Besonders interessierte Schülerinnen und Schüler machten mit Prof. Borioni noch einen Abstecher ins Haus des Tuchhändlers Lucius, wo man u.A. auch den konstruktiven Aufbau einer hölzernen Fachwerk-Wand mit ihren verputzten Ruten-Wänden betrachten kann, und zur Domus Quarta, wo das einzige in Carnuntum am Originalort belassene römische Fußbodenmosaik zu sehen ist.

Am Nachmittag ging es dann per Bus, bereichert durch viele neue Eindrücke des Lebens unserer Ahnen, zurück nach Trumau und schließlich in die wohlverdienten Herbstferien.

 
Tugend des Monats

Kardinaltugend 3/4: 
Die Tapferkeit

„Die Tapferkeit ist jene sittliche Tugend, die in Schwierigkeiten standhalten und im Erstreben des Guten durchhalten läßt.“ Katechismus der Katholischen Kirche, 1808